In der Folge 9 unseres Achtsamkeitspodcasts geht es um das Thema Körpergewahrsein. Ein eher ungewöhnlicher Begriff, der jedoch in der Achtsamkeitspraxis sehr viel Bedeutung hat. Er bezeichnet die Fähigkeit, nicht nur ein Hungergefühl oder Kopfschmerzen wahrzunehmen, sondern auch ganz subtile Körperempfindungen, die man, im Alltagsgeschehen gefangen, normalerweise nicht bemerkt.
Dass es von Vorteil ist, immer wieder bewusst in den Körper hineinzuspüren und sich so, nach und nach, immer mehr im Körper zuhause zu fühlen, ist für viele von uns zunächst ungewohnt. Wir leben in einer Gesellschaft, in der zwar viel Wert auf Aussehen und Fitness gelegt wird, bemerken den Körper aber in der Regel erst dann, wenn es irgendwo zwickt oder zwackt.
Das ist schade! Denn ein gutes Bewusstsein für Körperempfindungen ist für viele Dinge wichtig. Zum Beispiel für die sogenannte Emotionsregulation, dem Versuch also, die Art, die Intensität oder die Dauer von Emotionen in eine bestimmte Richtung zu beeinflussen.
Da sich Gefühle im Körper abspielen, hilft ein gutes Körpergewahrsein, diese möglichst frühzeitig und differenziert wahrzunehmen. Das wiederum ist Voraussetzung dafür, angemessen reagieren zu können.
Wut beispielsweise beginnt häufig nicht als solche, sondern kündigt sich durch stärker werdenden Ärger an. Je eher ich diesen wahrnehme und richtig deute, um so angemessener kann ich reagieren, und eine Meinungsverschiedenheit endet nicht in einem Streit, sondern kann zu einem konstruktiven Gespräch führen.
Es geht also nicht darum, Emotionen wegzudrücken, sondern, ganz im Gegenteil, diese bewusst wahrnehmen, verstehen und das Verhalten, das diese nach sich ziehen, steuern zu können.
Dann liegt es auf der Hand, dass man sich besser in andere Menschen hineinversetzen kann, wenn man seine eigenen Gefühle schnell erkennen und interpretieren kann. Die für das gegenseitige Verstehen so wichtige Fähigkeit zur Empathie wird also durch das Kultivieren der Körperwahrnehmung ebenfalls gestärkt.
Und schließlich führt ein besseres Körpergewahrsein auch zu mehr Selbstakzeptanz und Selbstliebe. Je mehr ich mich in meinem Körper zuhause fühle, desto dankbarer bin ich ihm dafür, dass er mir erlaubt, mich zu bewegen, zu lieben, ja einfach zu leben, auch wenn er alles andere als perfekt ist.
In den orientalischen Kulturen wird seit eh und je nicht nur den Geist, sondern auch der Körper kultiviert. Die Achtsamkeitspraxis hat dort genauso ihren Ursprung wie Yoga und Kampfkünste wie Tai-Chi und Qigong. In unserer westlichen Kultur dagegen wurde seit dem Philosophen René Descartes und seinem „Ich denke, also bin ich“, dem Verstand alle und dem Körper wenig bis gar keine Bedeutung beigemessen.
Erst in jüngerer Zeit hat sich das geändert. Mit dem sogenannten Embodiment beispielsweise ist ein wissenschaftlicher Ansatz entstanden, der die Wechselwirkung zwischen Körper, Umwelt und Psyche erforscht und körperpsychotherapeutische Ansätze gewinnen immer mehr an Gewicht.
Buddha dagegen wusste schon vor Tausenden von Jahren, dass es nur ein gedankliches Konstrukt ist, dass es einerseits das Denken gibt, andererseits das Fühlen und den Körper. In seiner Lehre stellt deshalb der Körper die erste der vier Grundlagen der Achtsamkeit dar!
Auch Andrea und ich finden das Thema Körpergewahrsein sehr spannend. Deshalb geht es in dieser Folge darum, wie man es in den heutigen Achtsamkeitskursen kultiviert und was du selbst dafür tun kannst, dein Körpergefühl zu schärfen. Viel Spaß beim Hören!