Geduld wird in allen Weltreligionen als Tugend angesehen. Doch Hand aufs Herz, was hältst du von dieser Fähigkeit?
Ich habe den Eindruck, dass Geduld haben heute eine eher unpopuläre Eigenschaft ist. Durch den technischen Fortschritt ist alles schneller und effizienter geworden und so wird auch von uns verlangt, in unserem Job immer schneller und effizienter zu arbeiten. Genau wie wir selbst erwarten, dass sich unsere eigenen Bedürfnisse möglichst sofort erfüllen.
Wer erwartet nicht, binnen maximal fünf Minuten eine Antwort auf seine WhatsApp-Nachricht zu erhalten? Dass das Essen im Restaurant zügig serviert wird? Der Zug pünktlich eintrifft? Und müssen wir doch einmal warten, interpretieren wir das häufig als einen persönlichen Affront und beschweren, ja empören uns.
Wir leben in einer Gesellschaft, die sich die Fähigkeit zum Warten systematisch abtrainiert hat. Doch was für Folgen hat das auf uns?
Mir fällt dazu der bekannte Marshmallow-Test von Walter Mischel ein. Bei dem wurden Kindern im Kindergartenalter ein Marshmallow angeboten, aber gesagt, dass wenn sie mit dem Essen warten könnten, bis die den Test durchführende Person zurückkommt, sie einen Zweiten bekämen. Dann wurden sie alleine gelassen, bis zu 20 Minuten!
Ergebnis dieses Versuchs zum sogenannten Belohnungsaufschub war, dass die Kinder, die auf die zweite Süßigkeit warten konnten, später ein sozial, emotional und akademisch erfolgreicheres Leben führten als diejenigen, die dazu nicht in der Lage gewesen waren.
Könnte es sich also lohnen, die Fähigkeit der Geduld bewusst zu kultivieren?
In der Achtsamkeit bejaht man diese Frage. Dort wird Geduld als eine Form von Weisheit angesehen, als ein Wissen darum, dass Dinge ihre eigene Zeit brauchen, um sich zu entfalten.
Sich das immer wieder zu vergegenwärtigen ist wichtig, denn trotz regelmäßiger Achtsamkeitspraxis gibt es immer wieder Tage, an denen der Geist einfach nicht zur Ruhe kommen will und man keine positiven Veränderungen bemerkt.
Jeder, der sich mit innerer Entwicklung beschäftigt, wird das bestätigen. Und aus eigener Erfahrung wissen, wie leicht Ungeduld entsteht, wenn die eigenen Bemühungen scheinbar nicht weiterführen. Eine Energie, die nicht will, dass die Dinge so sind, wie sie sind; eine subtile Wut, die oft gegen einen selbst gerichtet ist, wenn man nicht das erreicht, was man sich vorgestellt hat.
Deshalb haben meine Kollegin Andrea Pollmann und ich die neue Folge von „Raus aus der Meditationshalle, rein in den Wahnsinn des Lebens“ den Themen Geduld und Akzeptanz gewidmet. Zwei eng miteinander zusammenhängende Fähigkeiten, die zu den Facetten der inneren Einstellung gehören, die man für eine erfolgreiche Achtsamkeitspraxis benötigt.
Und du, was denkst du über Geduld und Ungeduld? Ich bin gespannt auf deinen Kommentar!